Neu-Ulm
Legionellen im Neu-Ulmer Donaucenter:
Jetzt droht Räumung
Die Sanierung der mit Legionellen verseuchten Wasserleitung im Donaucenter könnte in die Millionen gehen. Vielleicht müssen die Bewohner die Wohnungen räumen. Darüber diskutieren Eigentümer am Montag.
EDWIN RUSCHITZKA | 08.11.2013
Foto: Volkmar Könneke
Das Donaucenter in Neu-Ulm. Rund 500 Menschen leben dort, sie alle sind von einem generellen Duschverbot betroffen, weil in den Wasserleitungen hohe Konzentrationen mit Legionellen gemessen wurden. Die nachhaltige Sanierung gestaltet sich als schwierig und teuer.
In einer ersten Stufe rund 550.000 Euro, später vielleicht nochmals 700.000 Euro - die Sanierung des mit Legionellen verseuchten Wasserleitungssystems im Neu-Ulmer Donaucenter könnte in die Millionen gehen.
Obs etwas hilft, steht dabei nicht hundertprozentig fest. Und wenn alle Stricke reißen, müssen die 500 Bewohner des größten Neu-Ulmer Gebäudes am Donauufer ihre Wohnungen auch vorübergehend für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten komplett räumen und in entsprechende Alternativwohnungen umziehen. Das zumindest geht aus einem Bericht der mit der Sanierung beauftragten Ingenieurgesellschaft Wassernetz aus Bernau am Chiemsee hervor.
Die Spezialisten haben eine Gefährdungsanalyse und ein Sanierungskonzept vorgelegt, beides liegt der SÜDWEST PRESSE vor. Und darüber werden am Montag auch die etwa 300 Wohnungseigentümer im Donaucenter in ihrer Eigentümerversammlung im Saal der Petruskirche diskutieren. Für ordentlich Zündstoff ist also gesorgt.
Eigentümer und Mieter müssen seit genau einem Jahr ein vom Gesundheitdienst verhängtes Duschverbot in Kauf nehmen, weil bei Messungen im November 2012 in Teilen der Wasserleitungen eine extrem hohe Belastung mit Legionellen gefunden worden war. Die Keime können beim Duschen mit dem Wasserdampf eingeatmet werden und vor allem bei älteren und kranken Menschen auch schwere Lungenerkrankungen auslösen.
Mehrere chemische Desinfektionen haben die Werte zwar kurzfristig nach unten getrieben, sie können aber nicht auf Dauer durchgeführt werden, weil sie die verzinkten Stahlrohre angreifen. Außerdem drängt der Gesundheitsdienst auf eine nachhaltigere Sanierung.
In Abstimmung mit dem Verwaltungsrat haben die Ingenieure ein mehrstufiges Sanierungskonzept ausgearbeitet. Das Paket beinhaltet unter anderem die Demontage von Blindleitungen, dazu sollen Ultrafiltrations-, Korrosionsschutz- und Kalkschutzanlagen eingebaut werden. Auch will man die Warmwasserverteiler in den Schächten besser isolieren. Das alles wird nach ersten, groben Schätzungen etwa 550.000 Euro kosten.
Die Ingenieure sind sich aber keineswegs sicher, dass das auch den erhofften Erfolg bringt. Wörtlich heißt es: "Sollte sich allerdings herausstellen, dass die Maßnahmen nicht ausreichend sind, um die Keimzahlen zu reduzieren, was nach entsprechenden Erfahrungen als eher wahrscheinlich anzunehmen ist, muss in einer eigenen Eigentümerversammlung über weiterreichende Maßnahmen entschieden werden." Dabei bringen sie zwei weitere Optionen ins Spiel: Die zentrale Wasserversorgung bleibt dabei bestehen, aber man muss im gesamten Haus ein neues Wasserleitungssystem einbauen. Das aber sei technisch schwierig, so dass die Ingenieure auch keine Kosten nennen. Die zweite Möglichkeit wäre, die zentrale Warmwasserversorgung stillzulegen. Alle Wohnungen würden dann mit elektrischen Durchlauferhitzern ausgestattet werden. Dazu bedarf es aber teurer Umbauten an der gesamten Elektroinfrastruktur, also an den Trafostationen und an den Elektrozuleitungen. Dafür haben die Ingenieure rund 700.000 Euro angesetzt.
Die Ingenieure machen keinen Hehl daraus, dass ihrer Meinung nach der Austausch des Wasserleitungsnetzes und der Heizungsanlage die sauberste Lösung wäre: "Allerdings sind diese Maßnahmen in der Summe mit solch hohen Kosten verbunden, dass dafür derzeit die finanziellen Mittel fehlen". Und: Die Arbeiten seien derart intensiv, dass die Menschen nicht in ihren Wohnungen bleiben könnten. Alle müssten für etwa drei Monate ihre Wohnungen räumen und woanders unterkommen. "Schadensersatzforderungen sowie Mietausfälle wären die logische Konsequenz." Das Donaucenter, so die Ingenieure, sollte in der Grundsubstanz erhalten werden, eine mittel- oder langfristige Kernsanierung sollte vermieden werden, weil die Sanierung des Wassernetzes höchste Priorität habe.